23.09.2017

Die FDP und ich

Bis heute habe ich der FDP ihre Fehler nicht verziehen. Aber vielleicht ist mit diesem Wahlsonntag der Zeitpunkt gekommen.

Seit der ersten Bundestagswahl, zu der ich volljährig war, führe ich eine imaginäre Beziehung mit der FDP.

Die FDP ist die erste Partei, die ich gewählt habe. Das war 2009. Ich konnte mich vollkommen mit den wichtigen Werten identifizieren, für die die Partei steht. Ich sah in mir eine kleine Unternehmerin und sah meine angeblichen Untugenden wie Ungeduld, vernichtender Ehrgeiz und große Visionen für mich selbst und für Deutschland als Tugenden bestätigt.

Da ich außerdem zum Teil zwar sehr deutsch aufgewachsen bin, zum Teil aber auch mit Blick in einen Kulturkreis, der allen möglichen gesellschaftlichen Zwängen unterliegt, zeigte sich eine liberale Politik als genau das Richtige. Ich war begeistert.

Darüber hinaus sprachen mich damals die kräftigen Steuersenkungsversprechungen an, mit denen die FDP in diesem Wahljahr mal so richtig warb. Ich erhoffte mir eine Entlastung für meine alleinerziehende Mutter, für die es schwieriger war, ihr Haus zu behalten, als für steuerentlastete Ehepaare.

In der Koalition mit der CDU, zu der es dann kam, war die FDP jedoch kaum noch hörbar. Ein Typ namens Philipp Rösler genoss das Glanzlicht des Politglamours, aber von den wichtigen Werten war nichts mehr zu spüren. Guido Westerwelle, den ich verehrte, schien der Einzige in der FDP zu sein, der nach dem Wahlerfolg noch arbeitete. Er hielt eisern die Werte der FDP hoch und hatte das Trauma 2013 nicht verdient.
Auch die lautstarken Versprechungen für Steuersenkungen wurden natürlich nicht erfüllt. Damit lernte ich als Wählerin, dass ich Steuerversprechungen in Zukunft nicht mehr so viel Glauben schenken sollte. Das machten scheinbar alle, außer die CDU.

Zugegeben ereilte das Schicksal, neben der CDU/CSU unterzugehen, später auch die SPD, von deren Existenz man erst gegen Ende der Legislaturperiode wieder etwas mitbekam. Schicksal alleine ist das aber nicht. Es hat, glaube ich, mit dem Schritt zu tun, den man von der Träumerei bis zur Umsetzung tun muss – mit der eigentlichen Arbeit eben. Und die beherrscht Angela Merkel, die der FDP zu allem Übel auch noch ihre Themen klaut, gut, und nach 12 Jahren im Amt heute noch besser als vorher. Will man da noch andere an die Spitze lassen, die quasi erst einmal von vorne üben müssen? Oder muss man das riskieren, damit am Ende die eigenen Überzeugungen (sei es mit der FDP oder einer der kleineren Parteien) in ihrer reinsten Weise gewinnen? Gehe ich auf Nummer sicher und wähle die Kanzlerin, die liberale Werte zuverlässiger umsetzt als die FDP und hoffe auf eine erneute CDU/FDP Koalition?

Bis heute habe ich der FDP ihre Fehler nicht verziehen. Aber vielleicht ist mit diesem Wahlsonntag der Zeitpunkt gekommen.